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rochusplatz 1940

„Platz des Ärgers"

29 | 09 | 2000
„Platz des Ärgers, Platz des Zorns“ - Neuer Name für den Rochusplatz ?
Der Namenspatron des Großauheimer Rochusplatzes, der Heilige St.Rochus, war ein wahrer Wohltäter und Menschenfreund. In den hoffnungslosen Zeiten der Pest vor 700 Jahren gab er den Beladenen und Bedrückten Trost und Zuversicht.
Lange ist’s her, daß mit dem Namen „Rochus“ so viel Gutes einherging. Hört man heutzutage in Großauheim ein Gespräch über den Rochusplatz, so klingt das wie ein Wehklagen der Bürger über eine neue Plage der Menschheit. Die Auheimer haben einen gewaltigen „Rochus“ auf das, was sich in den letzten Jahren im Zentrum von Hanaus größtem Stadtteil abgespielt hat. Dieser Begriff allerdings stammt aus dem Jiddischen (rochus, rauches) und bedeutet nichts anderes als „Wut“ und „Zorn“. Das passt doch, oder? Rochusplatz –Platz des Ärgers. Kaum ein anderer Ort im Abendland, der einen treffenderen Namen hat. Alternativen wären noch:  Sisyphus-Esplanade  (hier verzweifeln die Straßenbauer an ihrem endlosen Werk), Forum der leeren Versprechungen (Wo ist das Großauheimer Wappen, Frau Härtel?), oder: Piazza Venezia (bei Regen entsteht eine Wasserstraße, Pflasterstrand inklusive.)
Nun ist also mal wieder alles neu und schön. Zierliche Pflastersteinchen kuscheln aneinander und fürchten sich vor den großen Autobussen. Freie Bürger haben freie Fahrt in alle Richtungen und auch den Sitzbank-Abonnenten vor Ort ist nicht mehr langweilig. Aus ist’s mit monatelanger Zeitlupe und Baustellenschlaf. Das Auheimer Leben tobt und pulst, als sei nichts gewesen. Oder  blieb da etwas zurück? Es heißt, der Hanauer Magistrat habe über 400.000 DM für die Großauheimer Gute Stube locker gemacht. Aber wehe ihm, wenn er dafür auch nur ein Wort des Lobes erwartet!
Die Neupflasterung des Rochusplatzes ist einzig und allein eine weitere der vielen Nachbesserungen vor Ort. Planungsfehler, Rathauszentralismus, Baupfusch - das Liedchen, das wir Auheimer singen können, ist inzwischen ein jahrzehntealter Oldie geworden. Und leider immer noch aktuell.
Aber vielleicht steht das Jahr 2000 im Zeichen von Ablass und Erlösung? Wie dankbar sind wir, daß das Baustellen-Elend ein Ende hat. (Nicht vergessen: Baubeginn der ersten Rochusplatzpflasterung war 1989). Großauheimer lassen niemals die Hoffnung fahren. Ihre Fähigkeiten, von Fremden auferlegtes Ungemach zu ertragen, ist legendär. Wissen sie doch aus ihrer 1200jährigen Geschichte, daß nur Geduld und Ausdauer wahren Erfolg bringen. (Wobei uns Großauheimern ein gewisses Maß an Sturheit auch nicht abzusprechen ist.)
Nun droht neues Ungemach: Nach der überwundenen Straßenblockade soll unsere Stadt wohl ausgehungert werden. Ein Lebensmittelmarkt nach dem anderen schließt, andere plagt die Standortunlust. Dies mag viele Gründe haben, passt aber alles in das Bild. Höchste Eisenbahn, bevor hier alle Züge abgefahren sind!
Da entstehen an allen Auheimer Ecken Neubaugebiete. Doch neben der Baugrube klafft bedrohlich das Versorgungsloch. Gibt es bald nur noch Milchpulver, Konserven und Vitaminpillen statt Frischware im Zentrum zu kaufen? Wird da der Teufel an die Wand gesprayt oder ist die Lage tatsächlich so beängstigend? Wohl dem, der ein Auto hat oder gut zu Fuß ist. Auheim ist groß, wie der Name schon sagt. Die Oma von nebenan allerdings bewältigt die neuen Entfernungen und kilometerweiten Fußmärsche zum Einkaufen nur schwer. Und einen bequemen Einkaufsservice kann sich nicht jeder leisten.
Sicher: dies ist eine Entwicklung, die im ganzen Land zu beobachten ist. Aber deshalb akzeptieren und zur Tagesordnung übergehen? Gleicht die Geschäftsverlegung hier, die Ladenschließung da, nicht aufgereihten Dominosteinen, die nacheinander umfallen und andere mitreißen? Jeder von uns Kunden und Käufern ist hierfür ein wenig mitverantwortlich. Wie kann ein Geschäft ausreichende Umsätze machen, wenn dort nur noch Notkäufe getätigt werden? Mal ein Döschen Sahne, mal drei Holzschrauben (das geht noch in Großauheim!) – davon kann auf Dauer kein Händler leben. Noch haben wir eine Vielzahl von Geschäften und Branchen mit breitem Angebot.
„Hier wohne ich, hier kaufe ich ein“ – ein Werbeslogan, der das Wesentliche trifft. Da stimmen Preis UND Leistung UND persönliche Beratung. Und so ein erfolgreicher Dreierpack muss anderswo erst einmal gefunden werden. Suchen Sie nicht in der Einöde oder weit draußen auf der Grünen Wiese. Einkaufen in Großauheim: das ist bunt und vielseitig, mitten im Leben. Leere Worte? Machen Sie auf dem Rochusmarkt die Probe auf’s Exempel! => zurück zur auswahl

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